gültig bis Juli 2007, ersetzt durch ASR A2.3

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BArbBl. 03/88

Zu § 55 ArbStättV Flucht- und Rettungsplan
gültig bis Juli 2007, ersetzt durch ASR A2.3

Empfehlung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung Bek. des BMA 
vom 10. 12. 1987 – III b 2 – 34507 – 8


In die Arbeitsstätten-Richtlinien können nach § 3 Abs. 2 ArbStättV nur allgemein anerkannte Regeln aufgenommen werden. Zur Konkretisierung der Forderungen des § 55 ArbStättV liegen zur Zeit keine Regeln vor, auf die sich eine Arbeitsstätten-Richtlinie abstützen könnte. Mit der nachstehenden Empfehlung soll deshalb versucht werden, Betrieben Hinweise für die Aufstellung von Flucht- und Rettungsplänen und den Aufsichtsbehörden Anhaltspunkte für ihre Tätigkeit zu geben.

Empfehlung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zur Aufstellung von Flucht- und Rettungsplänen nach § 55 Arbeitsstättenverordnung

Inhalt
1. Notwendigkeit von Flucht- und Rettungsplänen
2. Inhalt der Flucht- und Rettungspläne
3. Unterweisung der Arbeitnehmer

Für die Aufstellung von Flucht- und Rettungsplänen und deren Inhalt können die nachstehenden Aussagen zugrunde gelegt werden.

1. Notwendigkeit von Flucht- und Rettungsplänen

1.1 Flucht- und Rettungspläne sollen für den Gefahrfall im Betrieb die Voraussetzungen schaffen für
– das Verhalten der Arbeitnehmer (z.B. bei Brand, Gasaustritt)
– die Flucht der Arbeitnehmer ins Freie oder in einen gesicherten Bereich
– die Rettung gefährdeter Arbeitnehmer durch betriebseigene oder -fremde Hilfskräfte aus der Arbeitsstätte
– die schnelle Übersicht über vorhandene Hilfsmittel (z.B. Feuerlöscher, Löschdecken, Tragen).

1.2 Flucht- und Rettungspläne sind aufzustellen:

1.2.1 wenn durch die Lage der Arbeitsstätte oder von Teilen der Arbeitsstätte ungünstige Flucht- und Rettungsmöglichkeiten vorliegen. Dies ist z.B. der Fall
– wenn sich die Arbeitsstätte in unmittelbarer Nähe explosions- oder brandgefährdeter Anlagen befindet oder wenn Flucht- und Rettungswege zwingend durch derartige Gefahrenbereiche führen
– wenn befestigte Zufahrten oder Standplätze für Feuerwehr- oder Rettungsfahrzeuge fehlen oder eine Rettung von außen wegen der baulichen Situation (z.B. enge Hofeinfahrten, ausladende Vorbauten, die ein Anlegen von Leitern verhindern) nicht oder nur eingeschränkt möglich ist
– wenn die sog. "Anfahrtzeit" der von außen kommenden Rettungskräfte (Feuerwehr, Sanitäts- und Rettungsdienste, Polizei) von erheblicher Dauer ist und betriebseigene Kräfte nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen.

1.2.2 wenn die Ausdehnung der Arbeitsstätte dies erfordert. Dies ist z.B. der Fall
– wenn bei großflächigen Arbeitsstätten die Übersichtlichkeit der Geschosse, der Arbeitsräume sowie der Flucht- und Rettungswege stark beeinträchtigt ist (z.B. in Produktionshallen oder Großraumbüros) und eine Gefährdung der Arbeitnehmer im Flucht- und Rettungsfall möglich erscheint
– wenn die Arbeitsstätten in mehrgeschossigen Hochbauten oder in Hochhäusern untergebracht sind, so daß lange Flucht- und Rettungswege ohne Räumungsvorbereitung eine zusätzliche Gefährdung darstellen.

1.2.3 wenn durch die Art der Nutzung eine erhöhte Gefährdung gegeben ist. Dies ist z.B. der Fall
– wenn erhöhte Brand- oder Explosionsgefahren vorliegen
– wenn ein erhebliches Brandpotential durch Lagerung und Verwendung leicht brennbarer Materialien oder durch die Summierung der Stockwerksbrandbelastungen bei Hochbauten vorhanden ist
– wenn die regelmäßige Anwesenheit betriebsfremder und ortsunkundiger Personen (Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr) eine zusätzliche Gefährdung der Arbeitnehmer im Gefahrfall darstellen kann
– wenn es sich um Arbeitsstätten in Hochbauten mit gemischter Stockwerknutzung (z.B. Lagerung, Produktion, Büro, Archiv) handelt und Flucht- und Rettungswege teilweise von den normalen inneren Verkehrswegen abweichen
– wenn die Arbeitnehmer in Arbeitsräumen (z.B. Maschinenhallen, Werkstätten) durch technologische, chemische oder anderen Gegebenheiten einer besonderen Gefährdung ausgesetzt werden können.

2. Inhalt der Flucht- und Rettungspläne

2.1 Inhalt und Umfang der Flucht- und Rettungspläne richtet sich nach den Gegebenheiten der jeweiligen Arbeitsstätte.

2.2 Flucht- und Rettungspläne können bestehen aus
– bildliche Darstellung (Bilder, Pläne)
– schriftlichen Anweisungen
– schriftlichen Anweisungen und bildlichen Darstellungen.
Sind regelmäßig ausländische Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind, in einer Arbeitsstätte beschäftigt, sind die schriftlichen Anweisungen auch in deren Landessprache abzufassen.

2.3 Die nachstehenden Gesichtspunkte sollen bei der Aufstellung von Flucht- und Rettungsplänen berücksichtigt werden
– Verantwortung/Weisungsbefugnis
Regelung der Verantwortung
Einsatzleitung
– Alarmierung
Ablauf
Warn- und Alarmeinrichtungen
Rufnummern und Adressen
– Räumung
Vorbereitende Maßnahmen
Räumungsablauf
Verbot, Aufzüge zu benutzen
Sammelplatz, Vollzähligkeitskontrolle
– Rettung
Rettung und Bergung (Berücksichtigung von Behinderten)
Sanitätsdienst, Erste Hilfe
Brandschutz
Sonderaufgaben (z.B. Anlagen abfahren)
– Hilfe von außen
– Pläne
Grundstücks- und Gebäudepläne
Räumungsbereiche und Sammelplätze
Brandschutzpläne
Ver- und Entsorgungsanlagen einschl. Notversorgungsanlagen
Spezifische Gefahrenschutzpunkte
– Ausrüstung, Flucht- und Rettungsmittel
– Regelmäßige Überprüfung der Funktionsfähigkeit der Alarmeinrichtungen
– Schulung und Übung.

2.4 Bei speziellen Anlagen mit höherem Gefährdungspotential können zusätzliche Gesichtpunkte erforderlich sein, z.B.:
Hinweis auf feuer- und explosionsgefährdete Räume sowie auf gesundheitsschädliche Stoffe, Räume, in denen nicht mit Wasser gelöscht werden darf, Hochspannungs- und sonstige Energieversorgungsanlagen mit Schaltstellen, Standorte von Druckbehältern und Kälteanlagen.
Bei Anlagen mit geringerem Gefährdungspotential sollten jedoch mindestens folgende Schlagworte vorkommen:
Verhalten im Brandfall
Ruhe bewahren
Brand melden
Anweisungen beachten
In Sicherheit bringen
Besondere Verhaltensregeln

2.5 Bei Arbeitsstätten oder Teilen von Arbeitsstätten
– in denen sich Anlagen befinden, die der Störfallverordnung unterliegen
– die aufgrund des Bauordnungsrechts der Länder (z.B. Geschäftshausverordnungen, Versammlungsstättenverordnungen, Krankenhausverordnungen) Brandschutzordnungen aufzustellen haben
sind die in diesen Vorschriften geforderten Pläne als Flucht- und Rettungspläne nach § 55 ArbStättV anzusehen.

3. Unterweisung der Arbeitnehmer
Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmer über den Inhalt der Flucht- und Rettungspläne zu informieren.
Die Pläne sind an geeigneter Stelle in der Arbeitsstätte (z.B. "Schwarzes Brett", gefährdete Arbeitsplätze oder -bereiche) auszuhängen. Sie sind ferner so zu hinterlegen, daß sie den Rettungsmannschaften jederzeit zur Verfügung stehen. Die Häufigkeit der Übungen für den Gefahr- und Katastrophenfall richtet sich insbesondere nach der räumlichen Ausdehnung der Arbeitsstätte, der Zusammensetzung der Beschäftigten und der besonderen Gefahrenlage.

Hinweis
Aussagen zu Alarmplänen sind z.B. auch enthalten in:
– TRGS 514 "Lagern sehr giftiger und giftiger Stoffe in Verpackungen und ortsbeweglichen Behältern" (BArbBl. 9/1987 S. 65)
– TRGS 515 "Lagern brandfördernder Stoffe in Verpackungen und ortsbeweglichen Behältern" (BArbBl. 10/1987 S. 120)
– TRbF 180 "Betriebsvorschriften" (BArbBl. 7, 8/1980. S. 117)
– BArbl. Nr. 3/88 S. 89 – 

Anmerkungen:

  1. Mit erhöhten Brandgefahren ist zu rechnen, wenn leicht entzündliche oder selbstentzündliche Stoffe in nicht geringer Menge vorhanden sind.
  2. Explosionsgefahren liegen vor, wenn auf Grund der örtlichen oder betrieblichen Verhältnisse gefährliche explosionsfähige Atmosphäre durch Dampf/Luft-Gemische auftreten kann.
  3. Geeignet zum Aushang der Pläne ist eine Stelle dann, wenn sie den Arbeitnehmern jederzeit zugänglich ist.

 

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BArbBl. 03/88